Quo vadis DRM? Quo vadis Rallyesport?
Es ist inzwischen fast unmöglich für den Rallyesport im Allgemeinen und die DRM im Besonderen Sponsoren aufzutun. Seit mehr als zehn Jahren berate ich Unternehmen und vermarkte Sportprojekte im Fußball, im Basketball, im Segeln, im Inline-Skating, im Radsport und auch im Motorsport. Zwischenzeitlich war ich als Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen tätig. Ich habe aber auch in den Achtziger Jahren und Anfang der Neunziger Jahre selbst in Rallyewagen gesessen. Ich weiß also, wovon ich rede.
Warum soll sich heute ein mittelgroßes oder großes Unternehmen als Sponsor im Rallyesport engagieren? Was hat das Unternehmen davon? Die öffentliche Wahrnehmung des Rallyesports ist in der Bundesrepublik fast Null. Das war mal anders- die Ära eines Walter Röhrl und die Erfolge von Opel und Audi. Aber das ist inzwischen rund ein Vierteljahrhundert her. Es macht keinen Sinn in den goldenen Rallyezeiten zu schwelgen. Der Blick nach hinten nützt in keinem Lebensbereich. Wir leben im Jahr 2005 und nicht 1975, 1980 oder 1985. Ich kann es nicht mehr ertragen mit Mittvierzigern oder Mittfünfzigern ständig von den alten Zeiten zu schwelgen. Das ist vorbei und Geschichte. Punkt.
Seit etwa zehn Jahren vermittle ich für Sportler, für Verbände und Vereine und für Veranstalter Sponsoren. Es ist einfacher einen Fußball-Viertligisten mit überregionalen Sponsoren zu versorgen als ein Team oder einen Veranstalter in der DRM. Warum? Rallyesport ist hierzulande fast unbekannt. Ich rede nicht von den 200.000 Hardcore-Fans zur Deutschland-Rallye. Das ist schon fast die gesamte bundesdeutsche Fan-Gemeinde. Walter Röhrl ist bei Leuten meiner Generation noch ein Begriff, aber nicht mehr bei der jungen Generation. Warum soll ein Unternehmen Geld geben, damit Autos in Minutenabständen schnell durch Wälder fahren. Was hat das Unternehmen davon? Wenn sich ein Unternehmen engagiert, dann nicht, weil es ihm etwas bringt, sondern weil jemand aus der Szene jemanden kennt, der wiederum jemanden kennt, der irgendwo eine Tür öffnet. Und der Geschäftsführer gibt aus alter Freundschaft ein paar Tausend Euro. Das ist mittelalterliches Mäzenatentum, aber kein modernes Sponsoring.
Rallyesport ist fernsehfeindlich. Wie soll man diesen Sport in interessante Fernsehbilder umwandeln. Der Zuschauer möchte unterhalten werden – Mann gegen Mann, Auto gegen Auto, Entertainment pur. Win on sunday, sell on monday. Es geht auch anders. Aber dazu muß diese Motorsportdisziplin reformiert und modernisiert werden, fernseh- und sponsorenfreundlich. Wenn einer wie David Richards in der WM neue Konzepte entwickelt, wirft man ihm Totengräberei vor. Bitte sehr, dann fahrt mit fünfzig oder hundert Autos in Minutenabständen schnell durch Wälder, aber dann wundert Euch nicht, wenn kein Hahn danach kräht, wenn es keine Fernsehbilder und damit auch keine Sponsoren gibt.
Der DMSB ist ein Verband wie eine Behörde, schwerfällig und rückständig. Der kann Modernisierungsprozesse nicht einleiten. Eine IG Rallye oder was auch immer für ein Verein ist altdeutsche Vereinsmeierei. Auch damit bekommt man im modernen Profisport, im Wettbewerb mit unterhaltsameren Sportarten wie Fußball, Eishockey, Leichtathletik, Skisport, Formel1 oder DTM, keinen Fuß auf den Boden. Selbst Inline-Skating, Snowboard und BMX werden besser vermarktet und sind attraktiver für das Fernsehen und damit für die Sponsoren. Einzig eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) als Rechteinhaber, Organisator und Vermarkter ist in der Lage nach modernen betriebswirtschaftlichen Spielregeln diesen Sport im Wettbewerb mit anderen modernen Unterhaltungs- und Freizeitangeboten wettbewerbsfähig zu positionieren. Dazu gehören beispielsweise mehr Special Stages im Rallye-Cross-Format (mindestens 2 gegen 2). Schnell, aktionsreich, kurzweilig. Das Race of Champions macht es vor. Das Fernsehen kann dazwischen Werbeblöcke platzieren. In großen Fußballarenen – also hin zu den Zuschauern (den Kunden) und nicht irgendwo in den finsteren Wald. Der Sport muß heute zu den Menschen kommen und nicht die Menschen zum Sport. Es müssen auch nicht hundert Wagen sein. Dreißig reichen auch. Klasse statt Masse. Champions League. Dort spielen auch keine Amateure. Für Privatfahrer gibt es schließlich die Regionalmeisterschaften. Die Sponsoren- und Fernsehgelder und letztlich die Gewinne lassen sich in einem Schlüssel auch auf die Regionalmeisterschaften und den Nachwuchs verteilen.
Für ein Inline-Skating-Event haben wir Sponsorengelder in sechsstelliger Höhe vermittelt. Die selben Unternehmen auf Rallyeprojekte angesprochen haben gleich abwehrend die Hände gehoben. Für einen Fußball-Viertligisten kamen Sponsorengelder zusammen, mit denen man zwei DRM-Läufe ausrichten könnte. Keiner der Sponsoren wäre bereit, auch nur einen Bruchteil davon in den Rallyesport zu investieren.
Einschneidende Reformen sind nötig. Es ist Fünf vor Zwölf. Sonst ist es bald Fünf nach Zwölf für den Rallyesport.