Ich bin ja selbst erst 2010 eingestiegen, aber außerhalb vom Rallye Auto doch schon länger dabei. Daher denke ich die Problematik zu kennen und versuche mal meinen Eindruck zu schildern.
Punkt 1 bis 3 zusammenfassend würde ich so beschreiben: Grundsätzliches Problem sind einfach die enormen Kosten. Das fängt beim Fahrzeug an über die persönliche Ausrüstung bis hin zu den Kosten um an einer Rallye teilzunehmen. Die Quadratmeterpreise auf dem Siegerpodest waren noch nie so teuer wie aktuell und werden in Zukunft auch nicht günstiger.
Bei den Fahrzeugen ist die Entwicklung in den letzten Jahren derart voran geschritten, dass man einfach viel tiefer in die Tasche greifen muss um nicht nur mitspielen zu dürfen. Das betrifft alle Klassen! War es vor ein paar Jahren noch möglich mit einem Polo GTI Gr. N noch in die Top 10 einer 200er zu fahren, braucht man davon heute nicht mehr wirklich zu träumen, ohne eine hohe Ausfallquote. Früher ging es mit Koni, Bilstein usw. Fahrwerken bei den "Selbstaufbauern", heute muss man schon zu Reiger, Proflex, Öhlins greifen. Das nur als Beispiel und ja der Polo hatte bereits ein Proflex! Bei den Motoren sieht es nicht anders aus, da gibt es immer wieder neue Entwicklungen die besser sind und dann auch von einigen gekauft werden, was die anderen In Zugzwang bringt. Mal von der Zulassung der Fahrzeuge ganz abgesehen. Das ist aktuell ja auch noch nur schwer bis gar nicht möglich, vor allem bei uns in Hessen.
Die kosten für persönliche Ausrüstung steigt auch stetig. Klar, es ist richtig, an der Sicherheit darf nicht gespart werden. Doch Overall, FIA Helm, Schuhe... war vor ein paar Jahren nicht nötig auf der 200er Rallye. Kosten von 800 - 1000 EUR für persönliche Ausrüstung muss man einem geneigten Neueinsteiger erst mal erklären! Mal einfach den heißen Stuhl probieren ist nicht mehr. Aber das ganze sehe ich auch als folge des Wettrüstens. Wenn mit immer schnelleren und leistungsstärkeren Autos gefahren wird muss halt auch die Sicherheit angepasst werden. Um eines klarzustellen: Das geht nicht allein um die Gr. H. die anderen Klassen sind parallel eben so schneller geworden.
Dann haben wir noch die Kosten für die Rallye selbst. Benzin ist bekanntlich nicht günstiger geworden die letzten Jahre. Das Fahrzeug für an und abfahrt will getankt werden und unsere Einsatzbomber verbrauchen in der Regel ja auch nicht gerade wenig. Dazu will der Veranstalter immer mehr Nenngeld haben, da seine Ausgaben ja auch stetig steigen. Übernachtungen bei weiter Anreise mal völlig außen vor gelassen.
So etwas einem geneigten Neueinsteiger schmackhaft zu machen ist nicht gerade einfach, wenn man bedenkt, dass wir einen Samstag mit dem Auto durch Feldwege und über Landstraßen fahren. Dass hier die Zahl der Neueinsteiger rückläufig ist, ist wohl verständlich. Interessanter wäre aber mal die Zahl der Aussteiger, denke die ist nicht zu vernachlässigen.
Vieles lässt sich nicht ändern. Das Benzin kriegen wir nicht günstiger, die Ämter geben den Veranstaltern auch keinen Nachlass und die Technik wird auch weiter voranschreiten. Sicherheitsrelevante Dinge wieder lockern ist auch der absolut falsche Weg. Die Einsatzkosten für die Fahrzeuge kriegen wir nicht runter.
Die allgemeine Vermarktung lässt zu Wünschen übrig. Jeder Veranstalter kocht sein eigenes Süppchen. Die Mediale Präsenz ist schlecht und wenn überhaupt sehr eingeschränkt. Das muss einfach besser werden. Damit meine ich den Rallyesport allgemein. Wenn schon die WM keine ordentliche TV Berichterstattung bekommt ist doch klar dass darunter auch wenig geht. Mehr WM, IRC, DRM/DRS/Masters im TV hilft sicher auch dem kleinen Rallyesport für mehr Aufmerksamkeit. Ich denke das hier die Dachverbände einfach mehr Möglichkeiten haben, allein durch ihre Stellung, größere und nicht nur auf den jeweiligen Kreis beschränkte Medien zu akquirieren.
Was im Umkehrschluss für die Teilnehmer die Suche nach Sponsoren erleichtert zum einen durch einen verbesserten Stellenwert, zum anderen durch die Medienpräsenz und die erhöhte, hoffentlich positive Aufmerksamkeit. Für einen Aufkleber am Fahrzeug gibt heute niemand mehr was.
Punkt 4: Die Attraktivität der Veranstaltungen steht und fällt vor allem mit den Prüfungen. Neben dem attraktiven WP-Verlauf, der nicht nur aus Vollgas-Begrenzer bestehen sollte, spielt die Variation sicher auch eine Rolle. Der Trend bei 200er Rallyes geht doch eher dazu, 3 Prüfungen doppelt zu befahren. 6 oder gar 7 verschiedene WPs sind doch eher die Ausnahme. Hier kommen aber auch wieder die Kosten ins Spiel. Es ist einfach günstiger und einfacher, nur 3 WPs genehmigt zu bekommen und zu sperren wie doppelt so viele.
Punkt 5: Ich habe das Gefühl, es sind vor allem die Meisterschaften interessant, die am Ende den dicksten Scheck spendieren. Ein Titel allein scheint für die meisten nicht mehr attraktiv zu sein. Ruhm und Ehre haben nicht mehr den Stellenwert wie früher.
Dazu kommt, dass auch hier jeder sein eigenes Süppchen kocht (Betrifft nicht nur die Rallye, auch im Slalom ist es so). Lauter regionale Meisterschaften mit unterschiedlichen Wertungen, wo der Sieger am Ende des Jahres eine Art Kreismeister ist. Ob das die Erfüllung ist, sei mal da hin gestellt. Aber wie gesagt, es gibt einen Scheck und der macht es dann wieder aus.
Die nationale Meisterschaft H-Th. wie es sie bisher gab, war ja nicht der Brüller. Nur auf die C-Lizenz beschränkt, kommen nicht viele in die Wertung. Ja, ich habe auch davon profitiert, ohne Frage. Was aber die neue Meisterschaft an geht, keine Ahnung was sich dabei gedacht wurde. Alle Veranstaltungen im In und Ausland werden zur Wertung heran gezogen. Da kann jemand, der nur Rallye 200 fährt schon mal nichts reißen. Dazu die Punkteverteilung analog Sportabzeichen. Das ist eine Wissenschaft für sich! Ein kläglicher Versuch die Sportabzeichen aufzuwerten. Klar erkennbar, dass diese Idee von alteingesessenen (so nenne ich das jetzt mal) kommt, die noch großen Wert auf dieses Abzeichen legen. Die wenigsten momentan aktiven legen wohl wert auf die Anstecknadel.
Kurzum: Meisterschaft zu kompliziert und zu wenig transparent. Früher hat die Meisterschaft darunter gelitten, dass es keine Ergebnisse gab und am Ende des Jahres die Wundertüte geöffnet wurde. Heute leidet das ganze darunter, dass es einfach zu kompliziert ist und deswegen keiner durchblickt. Und am Ende den Motorsportler des Jahre zu küren ist ja löblich, hinkt aber auch irgendwie durch die viel zu unterschiedlichen Sportarten. Klingt wie durch eine Jury gewählt, was wohl ehrlich gesagt auch der bessere Weg wäre.
Mein Vorschlag daher: Rallye 200 Meisterschaft ADAC H.-Th., dazu werden alle 200er in Hessen und Thüringen heran gezogen (evtl. ohne die Sprints), wovon minimal X gefahren werden müssen und maximal Y gewertet werden (Streichergebnis), Lizenz Nat. C oder Nat. A, Transparentes Punktesystem meinet wegen wie in der F1 oder Rallye WM, Einschreibung am Anfang des Jahres, evtl. verpflichtender Endlauf, Wertung erfolgt automatisch ohne einreichen von Listen, dazu die ständige Veröffentlichung des Meisterschaftsstandes für bessere Transparenz, evtl. bester Junior für Teilnehmer unter 23.
Wertet nicht nur die Meisterschaft auf sondern auch die Veranstaltungen, wovon wiederum die Veranstalter profitieren. Sollte auch für Außenstehende recht klar verständlich sein, was wiederum dabei hilft, die Meisterschaft zu vermarkten und man kann sogar den ein oder anderen Seriensponsor gewinnen. Könnte eine Win-Win-Situation werden