Aus aktuellem Anlaß möchte ich mich heute auf ein spezielles Tabu-Thema konzentrieren. Auch nütze ich diese Gelegenheit hier, um klarzustellen, was der Klarstellung bedarf. Grundsätzlich: Mein Name steht bei jedem Eintrag, und ich lebe in Wien 19. Zum Inhaltlichen: Ich habe NIE geschrieben, daß alles im österreichischen Rallyesport Mist wäre. Auch wenn mir das Manche gerne unterstellen. Wir haben erstklassige Strecken, bedingt durch eine sehr abwechslungsreiche Landschaft, wobei in meinen Augen Vieles noch stärker genützt werden könnte, als es derzeit der Fall ist. Wir haben supertoll talentierte Fahrer und sehr engagierte Teams und Clubs, nicht zuletzt auch auf der Veranstalter-Ebene. Und wir haben – im Prinzip jedenfalls – eine bezogen auf die Landesgröße hervorragende Wirtschaft, mit der man – wenn man das „Produkt Rallye“ entsprechend aufwerten und wieder für eine breite Masse interessant machen würde – wunderbar kooperieren könnte. Mit einem Wort: Der Rallyesport in Österreich hat rein grundsätzlich jede Menge Potential. Aber wir haben leider auch noch etwas, was all diese Vorteile geradezu ins Nichts verpuffen läßt. Und das ist eine Rallye-Politik, deren Entscheidungsträgern jeglicher Sinn für sportliche Qualität fehlt. Man kann mit Fug und Recht sagen: Der Sport wird durch seine allerhöchsten Vertreter im Lande mehr gelähmt, als er unterstützt wird.
Konkrete Beispiele gefällig? Aber bitte gerne! Während es in Ländern wie Belgien völlig selbstverständlich ist, daß World Rally Cars mitfahren dürfen, sind die in Österreich von der Teilnahme ausgeschlossen! Das gleiche gilt für die N-GT-Sportwagen: Gerade in einer Zeit der absoluten Krise, hauptsächlich aufgrund des lange andauernden Mitsubishi-Evo-Einheitsbreis, wäre es ein MUSS gewesen, diese Fahrzeuge starten zu lassen, um dem Schwund des öffentlichen Interesses möglichst effektiv entgegenzuwirken. Davon war natürlich nie die Rede. Alleine das sind Dinge, wo dem österreichischen Rallyesport viel an Attraktion entgangen ist und nach wie vor entgeht, was sich zwangsläufig auf das Publikums-, Medien- und Sponsoreninteresse auswirken mußte – natürlich schwer negativ.
Aber es geht ja noch weiter: Speziell die Teilnehmer mit geringerem Budget leiden darunter, daß die OSK, das Anhängsel des ÖAMTC, beim Zwang der Einhaltung von Ablaufdaten gewisser Zubehörteile besonders restriktiv ist. Manche kommen gar nicht zum Fahren, so oft müssen sie ihr Auto kostspielig umbauen, und hören dann oft total frustriert auf. Ich bezeichne das immer als völlig überzogene Loyalität gegenüber der FIA, während andere Länder das offensichtlich lockerer handhaben. Beschweren tut sich natürlich keiner, und warum? Aus Angst, eine auf den Deckel zu bekommen! Wie mit Kritikern umgegangen wird, ist allererste Qualität – zumindest das beherrscht man bei unserer Rallye-Politik bravourös.
Nächster Kritikpunkt: Die Divisionswertungen, die oft wie zusammengewürfelt wirken, und wo in einer Wertungsklasse oft Fahrzeuge gegeneinander fahren, die vom Leistungslevel überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Dazu kommt noch das Startverbot für Gruppe H-Wagen nach DMSB, was der Austrian Rallye Challenge Einiges an Substanz gekostet hat, und und und…
Eine Nachwuchsförderung fehlt natürlich nahezu völlig, und so etwas wie Markencups (etwa Renault Twingo, Ford Fiesta, Citroen DS3….diese ganzen R1-Geschichten) ist bei uns ein Fremdwort. Wir haben nicht einmal einen Volvo-Cup!
Wenn man das alles auf die Waagschale legt und sich das alles bewußt macht, dann überfällt einen Beklemmung ob der geradezu wahnwitzigen Engstirnigkeit, mit der bei uns Rallye-Politik gemacht wird. Da werden doch gerade die Leute, die sich wirklich im Sport engagieren, um ihre Perspektive geprellt – es ist eigentlich jeder blöd, der sich das noch antut. Damit kriselt es dann selbstverständlich besonders an der Basis, und erfolgreich bis an die Spitze vorzudringen, wird überhaupt zu einem Ding der Unmöglichkeit. Nicht weil es nicht genügend fähige Teilnehmer gäbe, sondern weil ihre Chancen höchst miserabel sind. Nur ein paar wenige (oder überhaupt nur einer) kann aus dem Vollen schöpfen.
UND: Ich weiß zwar nicht, was das hier zur Sache tut, weil in einer Demokratie, die nicht nur so tut als ob, jeder in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung gleichgestellt ist, aber ich kann von mir sagen, daß ich wirklich etwas für den Rallyesport geleistet habe. Immerhin habe ich zwei Fahrern zu einem Rallyewagen verhelfen können. Dazu kommen unzählige Korrespondenzen mit potentiellen Sponsoren, ich habe Jean-Pierre Nicolas in Frankreich geschrieben, um eine Unterstützung für Sepp Haider anzuregen, und Vieles mehr. Ich habe unzählige Stunden meiner Freizeit für den Sport geopfert. Da ist es ausgesprochen schmerzhaft, wenn so gut wie keiner mitzieht, weil Alle schon aufgegeben haben, und die Rallye-Politik sogar dagegen zieht. Mit einem Wort: Wenn wegen ein paar Sturschädeln der nationale Rallyesport tief in der Krise steckt. Wobei wir es klarerweise mit einer hausgemachten Krise zu tun haben.
Noch irgendetwas unklar?