Zur erneuten verfälschenden Legendenbildung über den Opel Kadett Rallye 4x4 im Rallye-Magazin, Ausgabe 5/6 2010:
Der Belgier Guy Colsoul hatte ursprünglich überhaupt nichts mit dem Gruppe-B-/Gruppe-S-Projekt und dem ersten Prototypen zu tun! Warum wird er jetzt als der "Vater" des 4x4-Kadett dargestellt? Guy hat von seinem Wissen um einen bereits laufenden Rallye-Prototypen profitiert und in Folge wurden für ihn und Erwin Weber zwei Rallye-Raid- respektive Paris-Dakar-Prototypen gebaut. Diese beiden Autos gingen später an Mike Endean (statt Eandeans), Gründer und ehemaliger (!) Besitzer der Firma Xtrac (statt XTrac), und seinen Busenfreund, Rallycrosser John Welch. Eins der Autos soll sich heutzutage wieder in Endeans Besitz auf Guernsey befinden, das andere Auto ging an Tommy Kristoffersson in Arvika, Värmland, Schweden. Dort habe ich selbst im Vorfeld der Schweden-Rallye 1995 dessen Überreste gesehen. Das mit einem 1860-cm³-Zakspeed-Turbomotor (statt 2 Liter Saugmotor mit Turbo …?) ausgerüstete Auto in Rüsselsheim kann nur der Prototyp Nummer 1 sein, der ursprünglich weiß lackiert war und mit gelb-schwarzen Opel-Dekorstreifen fotografiert und der Presse vorgestellt wurde. Warum der heutzutage im Bastos-Design daher kommt, ist mir ein Rätsel. Hat vielleicht etwas mit PR-Aktivitäten um die Paris-Dakar zu tun …? Dieses Auto wurde der Presse erstmals mit verriegelten Schlössern für die Motorhaube präsentiert, weil man das darunter befindliche Ford-Triebwerk verstecken wollte.
Wie auch immer, da die Geschichte des 4x4-Kadett untrennbar mit der Geschichte des Xtrac-Systems verbunden ist, der wohl immer noch innovativsten Technik mit Abstammung Rallycross-Szene, hier eine Auflistung derer, die, im Gegensatz zu Guy Colsoul, tatsächlich mit dem usprünglichen Projekt zu tun hatten:
1. "Mister Rallycross" Martin Schanche, Erfinder und Finanzier des Xtrac-Allradsystems. Er hatte die Idee dazu, konnte sie selbst aber nicht umsetzen.
2. Mike Endean. Der ehemalige Hewland-Mitarbeiter realisierte Schanches Ideen, dem Vernehmen nach in Zusammenarbeit mit einem gewissen Chris Goddard, den ich selbst aber nie kennen lernte.
3. Die Ford-Leute in Boreham. Weil die partout nicht mit Schanche und Endean kooperieren wollten und absolut von der Überlegenheit des Heckantriebs überzeugt waren (Escort RS1700T), kam 1984 für den Norweger und den Briten Opel als Alternative ins Spiel.
4. Rauno Aaltonen. Der Finne hat 1984 auf Einladung von Martin Schanche dessen 560 PS starken Ford Escort XR3 T16 4x4 (der sogenannte Ur-Xtrax, das Siegerauto der Rallycross-EM 1984, heutzutage in Endeans Besitz) in Niederzissen bei Zakspeed zur Probe gefahren. Danach war der "Rallye-Professor" von dem Allradantriebs-Konzept dermaßen überzeugt, dass er Opel überzeugen konnte, zuzugreifen auf das, was Ford zuvor abgelehnt hatte.
5. Karl-Heinz Goldstein und Tony Fall. Sie überredeten Endean zur Kooperation mit Opel, wobei Schanche ausgebootet wurde, und animierten ihn zur Gründung der Firma Xtrac. Für Endean das große Los: Er wurde in Folge zu einem Top-Lieferanten der F1- und WRC-Teams, verdiente mit Xtrac viele Millionen, wurde von Queen Elizabeth II geehrt und trennte sich als Bergrennen fahrender Pensionär auf den Kanalinseln lebend von seiner Xtrac Ltd.