Hallo,
ich glaube nicht, dass Einheitsreifen oder mehr Schotter die Unfallproblematik lösen können, im Gegenteil!
Einheitsreifen: Wenn man eine Kurve zu spät anbremst oder über eine Bodenwelle das Auto versetzt und der Fahrer die Kontrolle verliert, was sollen da Einheitsreifen mit weniger Grip helfen? In meinen Augen rein garnichts! Vielmehr gilt es die Autos einzubremsen! Und zwar nicht durch irgendwelche technische Maßnahmen, wie einer elektronischen Abregelung, sondern mit Hilfe der Streckenführung oder von Bremsschikanen.
Außerdem kann ein technischer Defekt auch immer auftreten, da ist man dann sowieso Macht los.
Schotter: Ich glaube nicht, dass mehr Schotter da eine anwendbare Lösung ist, wie schon oben geschrieben wurde, gibt es immer weniger davon und vom Zustand der Wege nach dem ein Starterfeld von 100 Autos oder mehr zweimal darüber geheizt ist, will ich erst garnicht reden. Wer sich da bisschen auskennt weiß, dass da nicht selten auch eine Generalsanierung nötig ist. Welcher Veranstalter kann sich das leisten!?!
Und so viel langsamer wird wohl auf Schotter auch nicht gefahren, nur die Beschleunigung ist etwas schlechter.
Außerdem ist ein Schotteranteil von 60 % für sehr viele Veranstalter garnicht realisierbar, nicht nur aus genehmigungstechnischer Sicht, sondern auch weil es schlicht und einfach nicht so viele Schotterabschnitte gibt. Wie soll z. B. die Rallye Deutschland einen Schotteranteil von 60 % realisieren?
Maels: Wenn du schreibst, dass unsere Asphalt auf den Straßen in dem gleichen Zustand sind, wie der auf den Rundstrecke, dann mag das für den Asphalt der Nordschleife und dem einer relativ guten Bundesautobahn gelten, aber sich nicht für den Asphalt oder Beton auf Kreis-, Gemeindestraßen oder von Feld- und Waldwegen. Die teils schon sehr massiven Schäden der 30 oder 40 Jahre alten Straßen durch den Schwerverkehr oder durch die rießigen Maschinen unserer größenwahnsinnigen Landwirte sind doch kaum zu übersehen und in meinen Augen auch ein hohes Unfallrisiko. Auf der anderen Seite aber auch ein Grund für viele Teams etwas Gas rauszunehmen, denn nicht die Haftung der Reifen wird da zum Problem sondern der Zustand der Straße.
Ich bin im Beruf im Straßenbau und der Planung tätig und kenne den Zusammenhang zwischen Unfallhäufigkeit und dem Straßenzustand, auch ein Problem in meinen Augen, warum wir in Deutschland im letzten Jahr wieder mehr Unfälle mit tödlichem Ausgang hatten als in den Jahren zu vor, aber das ist ein anderes Thema...
Ich bin zwar kein Freund von Bremsschikanen, aber die sind in meinen Augen das einzige Mittel um Rallyeautos bei Gefahrstellen oder nach zu langen Vollgasabschnitten einbremsen zu können. Wenn die Autos erst garnicht so schnell werden, sinkt das Risiko von schlimmen Unfällen doch schon automatisch ab.
Häufig ist aber auch die Streckenführung schon dafür verantwortlich, dass die Anzahl der Unfälle steigt. Es ist nunmal ein sehr fließender Übergang zwischen dem beliebten "fahrerisch anspruchvoll" und schwierig und gefährlich.
Aber du musst nunmal als Veranstalter den Teilnehmern gute und anspruchsvolle Prüfungen bieten, sonst kommt ja keiner, ist ja auch logisch.
Die Autos langsamer zu machen, halte ich auch für sehr schwierig umsetzbar. Im Rallyesport ist ja mittlerweile nicht die absolute Geschwindkeit das Hauptproblem sondern die unheimliche Beschleunigung. Wenn man sieht, wie viel Drehmoment die modernen Gruppe N Rallyefahrzeuge haben, ist das schon echt ein Wahnsinn. Von den WRCs oder Super 2000-Autos mal ganz zu schweigen.
Apropo WRC oder Super 2000, die in letzter Zeit passierten Unfälle mit tödlichem Ausgang sind ja nicht nur im Amateurbereich zu finden, selbst in der WRC oder IRC gab es heuer oder vor nicht allzulanger Zeit schon tödliche Unfälle. Ich finde deshalb NICHT, dass sich dieses Problem nur auf den Amateurbereich beschränkt. Bei der Großbritanien Rallye der WM ist vor drei, vier Jahren auch ein tödlicher Unfall passiert bei einem Werksfahrer, das selbe heuer in der IRC. Ein anderes Beispiel: Robert Kubica.
Der letzte tödliche Unfall in Deutschland war ja auch erst letztes Jahr im November als Heiko Scholz beim Rallye Race Gollert verunglückte.
Was ich dann aber in diesem Zusammenhang nicht verstehe ist, dass ständige Auflockern der 300-PS-Leistungsgrenze seitens des DMSB der letzten Jahre. Mal etwas überspitzt formuliert gibt es ja die Regelung in ihrem ursprünglichen Zustand eigentlich nicht mehr so richtig.
Wer sich noch, wie ich, daran erinnert, wieso die mal Anno 1986/87 eingeführt wurde, wird sich genauso wie ich verwundert die Augen reiben!!!
Zum Schluss muss ich aber auch sagen, Motorsport und damit auch der Rallyesport ist und bleibt gefährlich, jeder der sich in ein Auto setzt muss sich dem immer bewusst sein.
Anders als im Rundstreckenmotorsport gibt es zudem im Rallyesport keine Kiesbetten oder asphaltierte Auslaufzonen. Außerdem sind Leitplanken auch nicht oder in nicht ausreichendem Maße vorhanden und die Straßenbreiten bzw. -führung sind für die erreichten Geschwindkeiten völlig unangemessen. Aber das war schon immer der besondere Reiz des Rallyesports.
Bei der Vielzahl von Veranstaltungen ist da der nächste schlimme Unfall egal wie und wo und warum doch nur eine Frage der Zeit und wohl auch nicht zu verhindern - leider!
Ob man im Nationalen Rallyesport dem Wettrüsten den Riegel vorschieben sollte, ich sage: NEIN. Wieso denn auch?
Die Unfälle in Deutschland und auch anderswo sind doch in den letzten Jahren nicht mehr oder schlimmer geworden. Im Gegenteil strengere Sicherheitsauflagen für die Zuschauer und Rallyeautos haben dort eine große Wirkung gezeigt. Das Zuschauerinteresse steigt wieder und viele Veranstaltungen erleben steigenden Starterzahlen, von daher passt doch alles.
Wer als Amateur aus der eigenen Tasche den Sport finanziert, kann doch völlig unabhängig entscheiden, wie viele Risiko er oder sie gehen will/kann und inwieweit er das Wettrüsten mitmachen möchte.
Ich finde erst durch Beschränkungen, die Lockerung der 300PS-Grenze und strenge Vorschriften findet eine wirklich große "Verzerrung" des Wettbewerbs statt!
Wer will, kann mich jetzt zerreißen!
Gruß Jörg